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Stimmverbot für Gesellschafter-Geschäftsführer bei Sonderprüfungsabstimmungen

Fachbeitrag im Gesellschaftsrecht

Sachverhalt

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 18. Mai 2022 (Aktenzeichen: 7 U 89/21) die Frage der Anwendbarkeit des Stimmverbots gemäß § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG auf Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH bei Abstimmungen über eine Sonderprüfung behandelt. Dabei hat es erstmals Stimmen aus der Fachliteratur bestätigt, die fordern, dass diese Norm auf die Beschlussfassung über eine Sonderprüfung anwendbar sein sollte.

Der Kläger, ein Gesellschafter der GmbH, hatte eine Sonderprüfung gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG beantragt, um festzustellen, ob der Geschäftsführer der GmbH, der gleichzeitig ebenfalls Gesellschafter war, seine Pflichten verletzt hatte und ob dies zu finanziellen Schäden für die GmbH geführt hatte. In der Gesellschafterversammlung stimmten der Kläger und ein weiterer Gesellschafter, die zusammen mehr als 49 % der Stimmen besaßen, für die Anordnung der Sonderprüfung. Der Gesellschafter-Geschäftsführer und eine weitere Gesellschafterin, die zusammen 51 % der Stimmen hielten, stimmten dagegen. Der Geschäftsführer allein hatte bereits 42,5 % der Stimmen. Der Versammlungsleiter stellte fest, dass der Antrag mehrheitlich abgelehnt wurde. Der Kläger argumentierte, dass die Abstimmung nichtig sei, da der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht an der Abstimmung teilnehmen durfte. Er erhob daher eine Anfechtungsklage und verlangte die Feststellung, dass ein Beschluss vorliege, der die Sonderprüfung anordnet.

In erster Instanz gab das Landgericht Potsdam (Aktenzeichen 51 O 14/21) dem Kläger Recht und stellte fest, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund von § 46 Nr. 8 GmbHG nicht an der Abstimmung teilnehmen durfte. Da die Sonderprüfung dazu dienen sollte, Schadensersatzansprüche vorzubereiten, musste ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der potenziell von solchen Ansprüchen betroffen war, von der Abstimmung ausgeschlossen werden, da er sonst die Geltendmachung der Ansprüche behindern könnte.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht bestätigte dieses Urteil in der Berufung, obwohl es eine andere Begründung verwendete. Hier wurde die Analogie von § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG für den Ausschluss des Stimmrechts des Gesellschafter-Geschäftsführers herangezogen.

Gemäß § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG haben Gesellschafter bei Beschlüssen, die ihre eigenen Rechtsgeschäfte oder Rechtsstreitigkeiten betreffen, kein Stimmrecht. Da die Anordnung einer Sonderprüfung jedoch keine Einleitung eines Rechtsstreits darstellt, scheidet eine direkte Anwendung dieser Vorschrift aus.

Das Gericht argumentierte, dass die Fälle, die in § 47 Absatz 4 GmbHG geregelt sind, weit ausgelegt werden können und für Analogien geeignet sind. Tatsächlich wurde § 47 Absatz 4 GmbHG bereits analog angewendet, als es um Geschäfte mit einer anderen Gesellschaft ging, deren Alleingesellschafter gleichzeitig auch Gesellschafter der GmbH war. Auch in Fällen, in denen die Gesellschafter über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen eine Person entschieden, die gemeinsam mit einem Gesellschaftsmitglied Pflichtverletzungen begangen hatte, wurde diese Analogie vom BGH anerkannt.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht sah eine vergleichbare Interessenlage im Hinblick auf den Zweck der Norm. Die Vorschrift sollte verhindern, dass ein Gesellschafter, der bei der Abstimmung nicht nur das Interesse der Gesellschaft, sondern auch ein Eigeninteresse im Auge hat, das Abstimmungsergebnis beeinflussen kann. Eine Sonderprüfung kann dazu beitragen, Fehlverhalten des Geschäftsführers aufzudecken, und daher hatte der Gesellschafter-Geschäftsführer ein Eigeninteresse daran, diese zu verhindern, um sein eigenes Ansehen zu schützen und Haftungsrisiken zu vermeiden. § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG zielt darauf ab, Abstimmungsergebnisse zu verhindern, die von einem solchen Interessenkonflikt beeinflusst werden könnten.

Die Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts ist zu begrüßen. Die Frage, ob § 47 Absatz 4 Satz 2 GmbHG analog oder extensiv auf Abstimmungen über Sonderprüfungen anzuwenden ist, ist rein akademischer Natur. Angesichts des Zwecks der Norm führt jedoch kein Weg daran vorbei, diese in solchen Fällen anzuwenden.

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